Kunst & Technik
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5. Die Geschichte des mechanischen Chronometers. |
Kaufleute und Eigner von Handelsschiffen drängten nach schweren Havarien mit hohen Verlusten das Englische Parlament zur Bereitstellung von finanziellen Mitteln, um über Wissenschaft und Forschung eine Lösung des Längengradproblems auf hoher See zu erhalten. Die Lösung würde zwangsläufig auch die Vorherrschaft auf See mit sich bringen. Für die damalige Zeit setzte im Juli 1714 das Englische Parlament mit dem "Longitudinal Act" den stattlichen Preis von 20.000,- Pfund aus. Der Längengrad sollte auf wenige zehntel eines Grads genau bestimmt werden können. John Harrison, Sohn eines Zimmermanns aus Yorkshire, war weder studierter Astronom noch Wissenschaftler, sondern ein intelligenter, handwerklich begabter Tischler und gleichzeitig ein begeisterter Mechaniker, der seine erste Standuhr aus selbstschmierendem Guajakholz baute. Seine erste Pendeluhr geht auf die Jahre um 1720 zurück. Größtes Problem an seinen Pendeluhren war der Einfluß der Temperatur auf die Ganggenauigkeit. Das erste von der Temperatur in der Längenausdehnung unabhängige Pendel aus Messing und Stahl stellte er im Sommer 1730 vor. Im Mai 1736 testete Harrison auf einer Seereise nach Lissabon seine Uhr. Für die rauhe See war die Uhr, die er H1 nannte, noch nicht geeignet. Nach weiteren Verbesserungen führte Harrison Ende Juni 1737 die H1 offiziell der Jury vor. Das Chronometer wies nur eine Gangabweichung von einer Sekunde pro Monat auf. Gutgläubig ließ sich Harrison mit 500,- Pfund abspeisen, er sollte eine verbesserte, seetüchtigere Version bauen. Gegner seiner Chronometer-Theorie war Isaac Newton. Newton hielt generell Uhren aufgrund der Trägheitskrafteinflüsse für nicht seetauglich und glaubte, daß sich nur aus der Anordnung der Gestirne eine Längengradbestimmung herleiten lassen sollte. |
Die H2 entstand 2 Jahre und die H3 weitere 19 Jahre später. Harrison wartete vergeblich 1759 auf eine Testreise mit der H3. Zwischenzeitlich baute er die H4 als Taschenuhr. Ende 1761 genehmigte die englische Admiralität eine 81 Tage dauernde Seereise nach Jamaika. Aus Altersgründen übertrug er die Reise und damit die Betreuung der Uhr seinem Sohn William. Am 19. Januar 1762 stellte man in Jamaika fest, daß die H4 nur 5 Sekunden verloren hatte. Böswillige Uhrengegner aus der Jury verwehrten ihm dennoch den Preis. Man beschlagnahmte sogar die Uhr und seine Pläne, er sollte zwei weitere Uhren des Modells H4 bauen. Nach 5 Jahren war eine Uhr fertig. Sein Alter und seine Gesundheit ließen den Bau einer weiteren Uhr nicht mehr zu. Erst nach einigen Interventionen und der Vorsprache beim König von England gestand ihm das Englische Parlament, an der Jury vorbei, als Lohn für seine Bemühungen 18.750,- Pfund zu. Noch heute sind die meisten mechanischen Uhren von John Harrison in Betrieb, sie zeichnen sich durch eine hohe Zuverlässigkeit und Ganggenauigkeit aus. Gleichmäßig gehende Uhren zu bauen war eine Sache, sie exakt einzustellen eine andere. In dieser Hinsicht sollten die Pionierleistungen von John Harrison nicht in Vergessenheit geraten. Nahezu drei Jahrhunderte später sind mit einem digitalen Satellitennavigationssystem und der Cäsium-Atomuhr aus Braunschweig, die in einer Million Jahre nur eine Gangabweichung von plus/minus einer Sekunde aufweist, weltweit äußerst exakte Positionsbestimmungen möglich. |